KV-Umfrage: Corona-Pandemie hat den Berliner Praxen massiv zugesetzt
Zwei Jahre Corona haben den Berliner Praxen massiv zugesetzt. Wie eine aktuelle Mitgliederumfrage der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin mit rund 1600 Teilnehmenden ergeben hat, ist die Arbeitsbelastung bei fast allen Befragten seit Pandemiebeginn im Frühjahr 2020 angestiegen – bei mehr als 60 Prozent sogar deutlich. Die größten Herausforderungen in den Praxen waren u.a. die enorm gestiegene Zahl der Patientenanfragen, die ständigen und oft viel zu kurzfristigen politischen Vorgaben und neue Aufgaben wie die COVID-19-Testungen und das Impfen. Besorgniserregend aus KV-Sicht ist die Tatsache, dass etwa ein Drittel der Befragten angegeben hat, in den vergangenen zwei Jahren Personal verloren zu haben – viele Mitarbeitende haben die Praxen aufgrund der Pandemie verlassen.
„Die hohe Teilnehmerzahl zeigt uns, dass der Frust in den Praxen groß ist. Die Ergebnisse bestätigen die vielen Stimmen, die uns seit Pandemiebeginn immer wieder erreicht haben. Besonders erschrecken uns die erhebliche Fluktuation beim Praxispersonal und viele der persönlichen Eindrücke, die uns übermittelt wurden“, sagte der KV-Vorstandsvorsitzende Dr. Burkhard Ruppert anlässlich eines heutigen Pressetermins in einer Berliner Hausarztpraxis. Zahlreiche Mitglieder hätten davon berichtet, hoch frustriert und erschöpft zu sein. Andere hätten darüber nachgedacht, ihren Praxisbetrieb einzustellen, weil sie der Arbeitsbelastung nicht mehr gewachsen seien. Und die Mehrheit berichtet davon, welche Kraft es gekostet habe, die Flut an Anfragen zu händeln und parallel die medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten.
Mit den politischen Akteuren gehen die Berliner Praxen „hart ins Gericht“: Die Mehrheit der Befragten hat angegeben, dass sie die ständigen Änderungen aufgrund politischer Verordnungen und Gesetze belastet bzw. sehr belastet haben. Ebenso glaubt die Mehrheit der Befragten nicht, dass die Rolle des ambulanten Sektors bei der Bewältigung der Pandemie von der Politik angemessen eingeordnet wurde. Das Gegenteil war der Fall, wie die Kommentare der Praxen zeigen: „Die Politik hat uns nicht unterstützt und immer wieder Verwirrung gestiftet.“ … „Regelungen wurden teilweise innerhalb von 24 Stunden getroffen und waren so leicht nicht umzusetzen.“ … „Der ambulante Bereich wurde von der Politik komplett vergessen.“
Dieser Eindruck ist auch bei Dr. Hanns Iblher zurückgeblieben. „Welche Arbeitslast die Praxen tragen mussten, interessiert bis heute leider fast niemanden. Dafür ist uns die Politik immer wieder in die Parade gefahren, wie zum Beispiel bei der Kommunikation zu den Impfstoffen. Vieles wurde auf uns abgewälzt und dabei haben sich die politisch Verantwortlichen kaum für den ambulanten Bereich interessiert. Wir haben aber die Bewältigung der Pandemie maßgeblich mitgetragen. Darum wäre es jetzt mal an der Zeit, dieses von verantwortlicher politischer Seite zu benennen und auch wertzuschätzen“, sagte der Berliner Hausarzt.
„Die Anerkennung der Leistungen des ambulanten Bereichs, aber auch das Verständnis für die Sorgen und Probleme in den Praxen standen nie oben auf der Prioritätenliste der politischen Akteure. Der Blick ging zu häufig nur in die Kliniken und zu selten bis überhaupt nicht in die Praxen. Mit dieser permanenten Nichtbeachtung und der fehlenden öffentlichen Würdigung der Praxen muss jetzt endlich Schluss sein. Dazu gehört auch, den medizinischen Fachangestellten in den Praxen analog zur Pflege eine Corona-Prämie zu zahlen“, so KV-Vorstandsmitglied Dr. Bettina Gaber.
Die ausführlichen Ergebnisse der KV-Umfrage finden Sie hier.
Hinweis an die Redaktionen:
Auf der Website der KV Berlin finden Sie Filmmaterial zum Thema „2 Jahre Corona in der ambulanten Versorgung“. Sollten Sie Kontakt zu Praxen suchen, können Sie sich gerne an uns wenden.