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09.12.2022

Auch der Ärztliche Bereitschaftsdienst ist am Limit

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Dörthe Arnold
Pressesprecherin / Leiterin Kommunikationsabteilung KV Berlin


Bei der KV Berlin schrillen die Alarmglocken

Die aktuelle Erkältungswelle wirkt sich zurzeit auch auf den Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin aus. Dass dieser zurzeit stark beansprucht wird, ist exemplarisch am Bei-spiel des 6. Dezember erkennbar: im Laufe dieses Tages wurden bei der 116117 rund 1000 Anrufende erfasst, von denen ca. 600 von den Mitarbeitenden der KV-Leitstelle bearbeitet werden konnten; jeder vierte Anrufende hat als Grund einen grippalen Infekt angegeben; die Wartezeit lag durchschnittlich bei ca. 26 Minuten (15 Minuten mehr als im Jahresdurchschnitt); ab 19 Uhr war der fahrende Hausbesuchsdienst „ausgebucht“, sodass Patienten auf den nächsten Tag „vertröstet“ werden mussten; die beiden Beratungsärzte haben im Durchschnitt stündlich 18 telefonische Beratungen durchgeführt (ab 8 Beratun-gen pro Stunde und Arzt wird von einer Auslastung gesprochen); und zwischen 0 und 22.30 Uhr hat die KV von der Berliner Feuerwehr 163 Abgaben übernommen – eine Steigerung von ca. 200 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 

„Nicht nur die Praxen und Krankenhäuser sind durch die aktuelle Erkältungswelle zurzeit massiv ausgelastet. Auch die Notfallversorgung der KV Berlin kommt an ihre Grenzen. Ein hohes Aufkommen bei den Anrufenden, eine zunehmende Querauslastung mit Tätigkeiten wie zum Beispiel der Organisation von Krankentransporten und ja, auch krankheitsbedingte Ausfälle bei den Mitarbeitenden unserer Leitstelle führen dazu, dass wir einen hohen Belastungsstand erreicht haben“, sagt Dr. Burkhard Ruppert, Vorstandsvorsitzender der KV Berlin. „Auch die Ressourcen der ambulanten Versorgung sind endlich. Umso weniger können wir nachvollziehen, dass die Forderungen immer lauter werden, die Sprechzeiten der Kinderarztpraxen und auch der KV-Notdienstpraxen auszuweiten. Ich sage es ganz deutlich: Auch wir sind am Limit.“

Abhilfe ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: aufgrund der aktuellen Finanzierungslage der ambulanten Notfallversorgung sieht sich die KV Berlin gezwungen, ab 2023 die Leistungen des telefonischen Beratungsdienstes zu reduzieren. Ab dem 1. Januar wird die KV von Montag bis Freitag anstatt bisher zwei nur noch einen Beratungsarzt pro Schicht einsetzen. Nur noch am Wochenende werden in der Leitstelle zwei Beratungsärzte erreichbar sein. „Wir müssen die Reißleine ziehen, weil es seitens der regionalen Krankenkassen bisher keinen Willen gibt, dieses Angebot mitzufinanzieren“, so Ruppert. Für die Kosten von ca. 1,6 Millionen Euro jährlich muss die KV bisher allein aufgekommen. Und auch mit Blick auf die Gesamtkosten des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes handelt es sich um ein Zuschussgeschäft – allein in 2021 musste die KV ein Defizit von 4,4 Millionen Euro ausgleichen. „Wir reden uns seit Jahren den Mund fusselig: Nicht nur die Notfallversorgung in den Krankenhäusern, sondern auch die ambulante Notfallversorgung ist seit Jahren hochdefizitär. Hier ist auch der Gesetzgeber in der Pflicht, endlich eine kostendeckende Finanzierung zu gewährleisten.“ 

Dass die Beratungsärzte eine große Unterstützung sind, zeigen die Zahlen: Allein 2021 haben die Beratungsärzte rund 72.000 Anrufe angenommen, davon konnten 74 Prozent abschließend beantwortet werden – Tendenz steigend. Vor allem durch dieses Angebot konnten die kostenintensiven Hausbesuche in den letzten Jahren halbiert werden – von 160.000 Hausbesuchen in 2018 auf 80.000 Hausbesuche in 2021.

„Ich prophezeie, dass die Reduzierung der Beratungsärzte Konsequenzen haben wird: Die Wartezeiten bei der 116117 werden sich verlängern und es werden sich noch mehr Patienten an die 112 wenden oder in die Notaufnahmen gehen. Angesichts der aktuell ohnehin angespannten Lage in den Kliniken kann so etwas niemand wollen“, so Ruppert. In Richtung Bundespolitik fordert er ein Ende der Sparpolitik in der Notfallversorgung und die bereits vor Jahren angekündigte Reform. Mit Blick auf die Berliner Politik verlangt Ruppert bei der geplanten Änderung des Rettungsdienstgesetzes eine zwingende Anpassung der Organisation der Krankentransporte. „Dafür ist das Land Berlin zuständig. Es kann nicht sein, dass unsere Leitstellen-Mitarbeitenden stundenlang nach Krankentransporten suchen und Patienten mit akuten Beschwerden in der Leitung warten müssen. Ein absolutes Unding.“

Der Ärztliche Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin

Anrufende, die akut erkrankt sind, erhalten bei der 116117 eine medizinische Ersteinschätzung durch die Mitarbeitenden der Leitstelle des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes. Am Ende der Befragung wird dem Anrufenden die richtige Versorgung empfohlen: Der Patient kann warten, bis seine Praxis wieder öffnet. Der Patient kann mit einem Beratungsarzt in der Leitstelle telefonisch sprechen. Der Patient wird in einer der 11 KV-Notdienstpraxen vorstellig. Bei immobilen Patienten und entsprechender medizinischer Indikation kommt der fahrende Hausbesuchsdienst nach Hause. In der Nacht können Hausbesuche auch bei Personen ohne Immobilität bei entsprechender medizinischer Indikation erfolgen, falls die Behandlung keinen Aufschub duldet, aber eine Vorstellung im Krankenhaus nicht erforderlich ist. Notfälle werden direkt an die Berliner Feuerwehr weitergeleitet.