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13.10.2022

Berliner Praxen prüfen Leistungsreduzierungen ab November

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Dörthe Arnold
Pressesprecherin / Leiterin Kommunikationsabteilung KV Berlin

KV Berlin zu hohen Energiekosten: Politik muss endlich handeln

Aufgrund steigender Energiekosten ist vor allem die Existenz von Praxen bedroht, die viel Energie verbrauchen. Dazu gehören insbesondere Praxen der Radiologie, Nuklearmedizin, Strahlentherapie sowie Dialysepraxen. In Berlin prüfen die betroffenen Fachgruppen derzeit, ab November die Gerätelaufzeiten zu reduzieren, um eine wirtschaftliche Schieflage der Praxen zu vermeiden. Konkret sollen Geräte regelmäßig in den Standby-Modus versetzt werden, um Stromkosten zu sparen.

„Keine Frage, die Maßnahme ist drastisch, vor allem für die Patientinnen und Patienten, aber die Politik lässt den Praxen keine andere Wahl. Bis heute gibt es keine Unterstützungsangebote für die ambulante Versorgung mit Blick auf die explodierenden Energiekosten und die Kostensteigerungen durch die hohe Inflationsrate. Wir hören immer nur, dass die Krankenhäuser unterstützt werden sollen, aber die Praxen fallen wie so oft hinten runter“, heißt es seitens des Vorstands der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin. Die aktuelle Situation und die vielen Brandbriefe – vor allem aus Praxen der Fachgruppen Radiologie, Nuklearmedizin, Strahlentherapie, aber auch aus Dialysezentren – haben den KV-Vorstand dazu veranlasst, gemeinsam mit den betroffenen Fachgruppen nach Lösungen zu suchen.

„Die Sorge ist groß, dass sich die Preisspirale weiter nach oben dreht, die Praxen ihren Betrieb nicht mehr wie gewohnt aufrechterhalten können und schon in den bevorstehenden Wintermonaten die Patientenversorgung gefährdet ist. So wie die Krankenhäuser können auch die Praxen die hohen Energiekosten, aber auch die immer weiter steigenden Personal-, Miet-, Produktions- und Transportkosten nicht 1:1 an die Patienten weitergeben. Praxen sind im EBM gefangen. Sollte keine staatliche Unterstützung kommen, droht vielen Praxen die wirtschaftliche Schieflage. Deshalb fordern wir für die ambulante Versorgung denselben Ausgleich, der auch an die Krankenhäuser gezahlt werden soll“, heißt es abschließend. Ansonsten bleibt den Praxen nur die Möglichkeit, den Kostensteigerungen mit einer Reduzierung der Leistungen zu begegnen. Nur so könnte eine wirtschaftliche Gefährdung der Praxen verhindert werden. 

Wie es in den Berliner Praxen derzeit aussieht, zeigen ausgewählte Fallbeispiele:

So erhielten Radiologen im vierten Quartal 2021 jeweils durchschnittlich ein Honorar von 120.000 Euro brutto. Das sind rund 40.000 Euro brutto im Monat pro Arzt/Ärztin. Werden hiervon 75 Prozent für die üblichen Praxiskosten abgezogen, bleiben vor Abzug der Steuern pro Arzt rund 10.000 Euro Honorar. Im Schnitt steigen die Stromkosten für Radiolog:innen aber um das Drei bis Vierfache. Eine radiologische Praxis mit zwei Ärzt:innen berichtet beispielsweise, dass sie anstatt 3.800 Euro jetzt 18.000 Euro monatlichen Abschlag für Strom zahlt. Das sind pro Arzt/Ärztin allein 7.100 Euro mehr monatliche Kosten für Strom.

Auch andere Praxen im Bereich der Radiologie, Strahlentherapie und Nuklearmedizin berichten von immensen Preissteigerungen:

  • Ein MVZ berichtet, dass 2019 rund 250.000 Euro/Jahr für Strom gezahlt wurden. Bis zum Ende des Jahres rechnet die Einrichtung mit einer Vervierfachung der Stromkosten – das bedeutet 800.000 bis 1.000.000 Euro/Jahr. 
  • Radiologische Praxen berichten, dass die Wartungskosten für Geräte um rund 16 Prozent gestiegen sind.

Die Kosten sind exemplarisch. Hinzu kommen die gestiegenen Kosten für Miete, Gehalt sowie von den Praxen in Anspruch genommene Dienstleistungen.

Auch eine Dialysepraxis, die im Dauerbetrieb mit 24 Behandlungsplätzen rund 100 Patient:innen versorgt, hat mit verschiedenen Kostensteigerungen zu kämpfen:

  • Anstatt 9000 Euro/Jahr fallen nunmehr 60.000 Euro/Jahr für Gas an. 
  • Dazu verbraucht die Dialysepraxis aufgrund ihres hohen Technikanteils viel Strom (180.000 bis 200.000 Kilowattstunden pro Jahr). Auch hier rechnet die Praxis mit einer deutlich höheren Rechnung in diesem Jahr. Bei einer möglichen Preissteigerung bis zu 40 Prozent wären das bis zu 20.000 Euro mehr.

Zugleich ist die Pauschale einer Dialysepraxis, aus der sie die Energie-, Material- und Personalkosten für die Dialysen decken muss, seit 2013 nicht gestiegen. Konsequenzen wie einen reduzierten Betrieb kann die Praxis nicht umsetzen, da damit Patientenleben gefährdet wären. Doch sollte die Kostenexplosion weiter voranschreiten, droht am Ende die Insolvenz und Praxisschließung. Wo die Patient:innen dann versorgt werden können, ist ungewiss. Aktuell wurden die Patient:innen gebeten, sich Decken und Socken mitzubringen, um nicht zu frieren. Denn die Heizungen sind bis zum heutigen Tag ausgeschaltet.