Politik, habt ihr den Ernst der Lage nicht erkannt?
Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin zeigt sich tief besorgt über die aktuellen Entwicklungen in der Krankenhausreform und bei der ärztlichen Weiterbildung. Besonders kritisiert die KV Berlin die ablehnende Haltung von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken gegenüber einer Ausweitung der Weiterbildungsförderung in der Kinder- und Jugendmedizin. Gleichzeitig warnt die KV Berlin vor den dramatischen Folgen, falls Berlin die notwendigen Mittel im Transformationsfonds, insbesondere den Eigenanteil von rund 75 Millionen Euro jährlich, nicht zur Verfügung stellt und dadurch auf die Förderung durch Bundesmittel verzichtet.
Dr. Burkhard Ruppert, Vorstandsvorsitzender der KV Berlin, macht deutlich: „Die Annahme, die Entbudgetierung löse alle Probleme und es brauche keine zusätzliche Weiterbildungsförderung, ist falsch. Die Entbudgetierung sorgt lediglich dafür, dass Ärztinnen und Ärzte für bereits erbrachte Leistungen vergütet werden. Doch wir brauchen dringend echte Förderungen, damit künftig mehr Ärztinnen und Ärzte in der ambulanten Versorgung ausgebildet werden.“ Dr. Rupperts Aussage steht in klarem Widerspruch zur Position von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken, die eine Ausweitung der Weiterbildungsförderung ablehnt, obwohl der Mangel an Kinderärztinnen und -ärzten längst alarmierend ist. Er kritisiert: „Die Politik behandelt diese Förderungen wie ein Geschenk, statt sie als notwendige Investition in die Zukunft unserer Gesundheitsversorgung zu begreifen.“
Für die KV Berlin ist die Ausweitung der ambulanten Weiterbildung ein zentraler Bestandteil der Ambulantisierung, ein unumkehrbarer Prozess der Gesundheitsversorgung. Dr. Christiane Wessel, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KV Berlin, mahnt: „Bereits heute können Ärztinnen und Ärzte zumindest in den grundversorgenden Fachrichtungen etwa zwei Drittel der Weiterbildungsinhalte für die ambulante Tätigkeit in der Klinik nicht mehr erlernen. Die Politik muss die Realität anerkennen, dass es keine Alternative dazu gibt, ambulant auszubilden. Dafür sind aber finanzielle Mittel notwendig, keine Einsparungen.“
Darüber hinaus kritisiert die Kassenärztliche Vereinigung Berlin die Berliner Landespolitik dafür, dass es trotz hoher Bundesförderungen nicht gelingt, die erforderlichen Eigenmittel von 75 Millionen Euro für den Transformationsfonds bereitzustellen. Stattdessen verzichte Berlin lieber auf einen Zuschuss von 70 Prozent der Gesamtförderungssumme durch Bundesmittel, was aus Sicht der KV Berlin als unverantwortlich einzustufen ist. Dr. Ruppert bringt das Dilemma auf den Punkt: „Während Berlin rund 720 Millionen Euro für einen Autobahnring ausgibt, fehlen 75 Millionen Euro im Gesundheitsbereich. Diese falsch gesetzten Prioritäten gefährden die Versorgungssicherheit der gesamten Stadtgesellschaft.“
Zugleich betont der Vorstandsvorsitzende der KV Berlin, dass er die Notwendigkeit einer modernen Berliner Verkehrspolitik durchaus nachvollziehen kann. Dennoch bleibe unverständlich, warum zentrale Zukunftsbereiche wie die Gesundheitsversorgung und die dringend sanierungsbedürftige Schulinfrastruktur in Berlin finanziell zu kurz kommen. Statt entschlossen zu handeln, beschränkt sich die Politik bislang auf kleine Änderungen. Die Hoffnung, dass dies langfristig ausreiche, wird sich nicht erfüllen. Im Gegenteil: Die Probleme werden nur um Jahre verschoben und dadurch noch gravierender. Berlin braucht deshalb endlich den Mut zu unbequemen Entscheidungen sowie eine ehrliche, langfristige und visionäre Gesundheitspolitik.
Die KV Berlin unterstreicht die Notwendigkeit, dass der Berliner Senat kurzfristig die volle Bereitstellung der Eigenmittel sichert, um den Verlust von Bundesmitteln zu verhindern. Laut Dr. Christiane Wessel ist eine faire und nachhaltige finanzielle Förderung der ärztlichen Weiterbildung, insbesondere im ambulanten Bereich, ebenso unerlässlich. Die Debatte über die Ambulantisierung muss ehrlich und zukunftsorientiert geführt werden, wobei auch der Wandel in der Weiterbildungsstruktur konsequent berücksichtigt werden muss. Die Gesundheitspolitik benötigt eine Neuausrichtung, bei der nicht kurzfristige Einsparungen, sondern nachhaltige Versorgungssicherheit Priorität haben. Nur so kann die medizinische Versorgung der Berliner Bevölkerung langfristig gesichert bleiben.
Die KV Berlin macht unmissverständlich klar: Die medizinische Versorgung von Millionen Berlinerinnen und Berlinern darf nicht politischen Sparzwängen zum Opfer fallen. Investitionen in die Zukunft der Gesundheitsversorgung sind jetzt dringend notwendig.