Arzneimittel
Notfallkontrazeptiva für Opfer sexualisierter Gewalt ohne Altersbeschränkung
Durch das Inkrafttreten des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) wurde der § 24a Absatz 2 Sozialgesetzbuch V (SGB V) ergänzt:
„Versicherte bis zum vollendeten 22. Lebensjahr haben Anspruch auf Versorgung mit verschreibungspflichtigen empfängnisverhütenden Mitteln; § 31 Abs. 2 bis 4 gilt entsprechend. Satz 1 gilt entsprechend für nicht verschreibungspflichtige Notfallkontrazeptiva, soweit sie ärztlich verordnet werden; § 129 Absatz 5a gilt entsprechend.
[NEU:] Der Anspruch nach Satz 2 besteht für Versicherte ohne Altersbeschränkung, wenn Hinweise auf einen sexuellen Missbrauch oder eine Vergewaltigung vorliegen.“
Somit entfällt die Altersbeschränkung für die Verordnung von Notfallkontrazeptiva zu Kassenlasten (auf einem E-Rezept oder Muster-16-Formular (rosa Rezept)) in Fällen, in denen Hinweise auf einen sexuellen Missbrauch oder eine Vergewaltigung bestehen.
Off-Label-Use – Erweiterung Anlage VI der Arzneimittel-Richtlinie
Die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten (Off-Label-Use - OLU) ist unter anderem in der Anlage VI der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) geregelt:
- Teil A: Arzneimittel, die unter Beachtung der dazu gegebenen Hinweise in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten (OLU) verordnungsfähig sind
- Teil B: Wirkstoffe, die in zulassungsüberschreitenden Anwendungen (OLU) nicht verordnungsfähig sind.
Die in Teil A aufgeführten Arzneimittel sind unter den dort genannten Bedingungen im OLU Kassenleistung und bedürfen keiner Vorabgenehmigung durch die Krankenkassen. Die Verordnung der Arzneimittel erfolgt ganz regulär auf einem E-Rezept oder einem Muster-16-Formular (rosa Rezept).
Im Teil A wurde folgende Anpassung vorgenommen:
- Neuaufnahme: Rituximab bei autoimmunhämolytischer Anämie (AIHA) sowie bei mikroangiopathischer hämolytischer Anämie (MAHA) (am 21. März 2025 in Kraft getreten)
Bitte informieren Sie sich bzgl. der Details (z. B. Patient:innengruppe, Dosierung, Dauer sowie pharmazeutische Unternehmen, die ihre Zustimmung erteilt haben und somit die Haftung bei bestimmungsgemäßem Gebrauch übernehmen) unter: Anlage VI AM-RL.
Entresto® – Einschätzung der Europäischen Arzneimittel-Agentur zur Niedrigdosierung
Die Über- oder Unterdosierung von Arzneimitteln kann als Off-Label-Use (OLU) gewertet werden und somit eine erhöhte Regressgefahr durch Prüfanträge der gesetzlichen Krankenkassen bedeuten.
Für Arzneimittel wie den Angiotensin-II-Rezeptorblocker Entresto® wurden in Berlin diverse Prüfanträge aufgrund von Verordnungen in Unterdosierung gestellt.
Zugelassen ist Entresto®, welches aus einer Kombination von Sacubitril und Valsartan besteht, für die Behandlung der
- Herzinsuffizienz bei Erwachsenen mit symptomatischer, chronischer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (LVEF ≤ 40 %)
- Herzinsuffizienz bei Kindern und Jugendlichen ab einem Alter von 1 Jahr mit symptomatischer, chronischer Herzinsuffizienz mit linksventrikulärer Dysfunktion.
Im Hinblick auf den auslegungsfähigen Wortlaut der Zulassung zur Dosierung hat sich mittlerweile die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) geäußert.
EMA Stellungnahme zu Entresto® 24 mg/26 mg bzw. 49 mg/51 mg mit zweimal täglich
Laut EMA ist die Langzeitanwendung von niedrigeren Dosen bei Patient:innen, die die Zieldosis von 97 mg/103 mg zweimal täglich nicht vertragen, von der Zulassung umfasst. Es gibt auch keine zeitliche Begrenzung für die „vorübergehende“ Dosisreduktion, die in der Fachinformation aufgeführt ist.
Somit liegt kein OLU für die oben genannten Konstellationen vor → es muss somit kein Antrag auf Genehmigung eines OLU gestellt werden.
Niedrigdosierungen sind zulassungskonform, wenn bestimmte Verträglichkeitsprobleme vorliegen:
- systolischer Blutdruck (SBP) ≤ 95 mmHg
- symptomatische Hypotonie
- Hyperkaliämie
- Nierenfunktionsstörung.
Zusammenfassung
Fachinformation fordert:
- Individuelle Dosisanpassung bei bestimmten Patient:innengruppen (z. B. ältere Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion).
Wichtige ärztliche Maßnahmen:
- Medizinische Gründe für Dosisanpassung dokumentieren (z. B. warum keine Aufdosierung möglich ist)
- Auch Alternativen laut Fachinformation (z. B. Änderung der Begleitmedikation) berücksichtigen und dokumentieren
Fehlende Klarheit bei Krankenkassen & MD:
- Bisher keine einheitliche Stellungnahme zur EMA-Auffassung von Niedrigdosierungen
- Einzelfallprüfungen durch Kassen weiterhin häufig – oft wegen Off-Label-Vorwürfen, da dokumentierte Diagnose fehlt
Dokumentation ist entscheidend:
- Vor jeder Verordnung: Diagnose vollständig und korrekt mit ICD-10-Code kodieren
- Bei nicht darstellbaren Umständen (z. B. LVEF ≤ 40 %) → zusätzliche Dokumentation in Patient:innenakte notwendig
- Ziel: Vermeidung von Rückforderungen und zusätzlichem Prüfaufwand
Neuaufnahme von Medizinprodukten (Anlage V Arzneimittel-Richtlinie)
Die nach der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnungsfähigen Medizinprodukte (inklusive der medizinisch notwendigen Fälle sowie der jeweiligen zeitlichen Befristung für die Erstattung) sind in der Anlage V der AM-RL aufgeführt.
Die Bestimmungen der Anlage V AM-RL gelten auch für versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und für versicherte Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr.
Onligol Macrogol 4000 wurde in die Anlage V mit einer Befristung der Verordnungsfähigkeit bis zum 31. Dezember 2028 aufgenommen.
Arzneimittelverordnungen während Auslandsaufenthalten
Grundsätzlich ist der Anspruch auf die Versorgung durch das deutsche gesetzliche Krankenversicherungssystem auf das Bundesgebiet Deutschland beschränkt. Nach § 16 Absatz 1 Sozialgesetzbuch V ruht der Anspruch auf Leistungen grundsätzlich bei Auslandsaufenthalten.
Vorübergehende kurze Urlaubsaufenthalte
→ Zum Beispiel zweiwöchiger Urlaub innerhalb oder außerhalb der EU reguläre Verordnung möglich, da den Praxen dieser Urlaub nicht klar zur Kenntnis gegeben werden muss
Länger andauernde Aufenthalte
- Bei Unterbrechung des regelmäßigen Ärzt:innen-Patient:innen-Kontakts
- oder bei notwendigen Anpassungen im Therapieplan (Therapieverantwortung) während eines länger andauernden Auslandsaufenthaltes des Patienten/der Patientin
→ Lassen Sie sich eine Bestätigung von der Krankenkasse zur weiterbestehenden Mitgliedschaft vorlegen
- Vorgehen:
- Lassen Sie sich das Formular zum Ausfüllen mit den notwendigen Arzneimitteln von Versicherten vorlegen
- Patient:innen legen dieses Formular im Urlaub den vor Ort tätigen Ärzt:innen zur Verordnung vor
- gilt auch für beruflich bedingte Auslandsaufenthalte, sogenannte Entsendungen durch Arbeitgeber:innen
- Abrechnung erfolgt bei Abkommensländern über die Deutsche Verbindungsstelle Ausland (DVKA)
- Bei Urlauben oder anderweitig motivierten Auslandsaufenthalten in einem Nichtabkommensland → evtl. private Zusatzversicherung nötig
Hilfestellung leistet auch die DVKA als Deutsche Verbindungsstelle Ausland in Bonn, die Patient:innen kostenfrei in Anspruch nehmen können.
Beispiel 1:
Langjährig bekannter, gut eingestellter, 85-jähriger Patient mit Bluthochdruck möchte für drei Wochen nach Spanien reisen und benötigt eine Verordnung für den Blutdrucksenker. Der Patient ist gesetzlich versicherter Rentner und verlässt vorübergehend das Bundesgebiet. Der nächste Ärzt:innen-Patient:innen-Kontakt ist erst in 2 Monaten geplant.
→ Die Verordnung kann zu Lasten der Gesetzlichen Krankenkasse vorgenommen werden.
Beispiel 2:
Langjährig bekannte Patientin, insulinpflichtige Diabetikerin, 70 Jahre alt, möchte 6 Monate in die Türkei fahren und die Insuline für diese Zeit von Ihnen verordnet bekommen.
→ Klärung mit der Krankenkasse durch die Patientin vornehmen lassen, da nicht mehr von einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt auszugehen und der regelmäßige Ärzt:innen-Patient:innen-Kontakt nicht mehr gewährleistet ist. Eventuell ist ein entsprechendes Auslandsformular von der Ärzt:in auszufüllen, in dem angegeben werden muss, unter welchen Erkrankungen die Patientin leidet und mit welchen Arzneimitteln sie versorgt werden muss. Damit geht die Patientin in der Türkei vor Ort zu praktizierenden Ärzt:innen und lässt sich das Insulin nach ärztlicher Begutachtung und aufgrund des ausgefüllten Auslandsformulars verschreiben. Abrechnungen laufen dann über die Deutsche Verbindungsstelle, da mit der Türkei ein Auslandsabkommen besteht.
Umschreibung von Notfallrezepten in Kassenrezepte
Aufgrund aktueller Anfragen weist die KV Berlin nochmals auf die Unzulässigkeit von Umschreibungen von Notfallprivatrezepten in E-Rezepte oder Muster-16-Formulare (rosa Rezepte) hin. Es ist bekannt geworden, dass Notfallrezepte aus Berliner Krankenhäusern mit dem Hinweis zur Umschreibung bei Hausärzt:innen versehen werden. Dies ist unzulässig. Die KV Berlin wird auf die Krankenhäuser und die Deutsche Krankenhausgesellschaft diesbezüglich zugehen.
Verordnungen dürfen von Vertragsärzt:innen nur ausgestellt werden, wenn diese sich persönlich vom Krankheitszustand der Patient:innen überzeugt haben oder wenn ihnen der Zustand aus der laufenden Behandlung bekannt ist (§ 15 Abs. 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte). Im § 8 Abs. 2 ff. der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) wird zusätzlich angeführt, dass vor der Verordnung von Arzneimitteln zu prüfen ist, ob eine behandlungsbedürftige Erkrankung vorliegt und wie bei der Vormedikation verfahren wurde.
Nachträgliche Umschreibungen von Privatrezepten aus der Notfallversorgung im Krankenhaus in Kassenrezepte sind nicht zulässig. Die Erstattung der in der Notversorgung erstellten Privatrezepte erfolgt im Antragsverfahren durch Patient:innen gegenüber ihrer Krankenkasse. Dazu sind das Privatrezept sowie die Apothekenquittung einzureichen.
Beim Ausstellen von Kassenrezepten ist das aktuelle Datum anzugeben. Rückdatierungen von Rezepten sind nicht zulässig.
Ebenso sind Arzneimittel oder andere Leistungen nicht nachträglich auf einem Kassenrezept zu verordnen, z. B. weil Patient:innen sich die Arzneimittel o. ä. bereits vorher in der Apotheke besorgt haben.
Dies gilt auch für Anfragen aus Apotheken, die aus Abrechnungsgründen ein neues Rezept wünschen.
Verordnungen für die Vergangenheit – Verblisterung für Pflegeheime
Eine ähnliche Aktualität wie Umschreibungen von Notfallrezepten nehmen auch Rückdatierungswünsche von Verordnungen und nachträgliche Ausgleichsverordnungen – speziell auch für die Verblisterung von Arzneimitteln – ein. Hierbei handelt es sich meist um Apotheken und/oder Pflegeheime, die eine versäumte Planung und Organisation der Medikamentenversorgung im Nachhinein durch die Hausärzt:innen ausgleichen lassen möchten. Dies ist neben den Regelungen des Bundesmantelvertrages Ärzte und § 8 AM-RL zudem über § 9 Abs.3 Nr.4 der AM-RL ausgeschlossen. Danach ist vor jeder Wiederholung einer Verordnung von Arzneimitteln genau zu prüfen, ob diese erforderlich ist und ob die verordnete Menge mit der vorgesehenen Anwendungsdauer übereinstimmt. Dies ist für die Vergangenheit weder zulässig noch umsetzbar. Bei Problemen wenden Sie sich gern an die Verordnungsberatung der KV Berlin unter verordnung@kvberlin.de.
Impfstoffe
Vorbestellung von Influenza-Impfstoffen 2025/2026 bis Ende April möglich
Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat bereits im März zur Vorbestellung von Influenza-Impfstoffen aufgerufen, um eine bedarfsgerechte Planung für die mehrmonatige Herstellung durch die Impfstoffhersteller zu ermöglichen. Ihre Vorbestellung trägt somit zur sicheren Versorgung mit Influenza-Impfstoffen in Deutschland bei (siehe hier).
Verschiedene Anbieter:innen von Influenza-Impfstoffen haben nun die Vorbestellfrist bis Ende April 2025 verlängert. Bitte rezeptieren Sie, nach Abstimmung mit der Apotheke Ihrer Wahl, den benötigten Influenza-Impfstoff. Über die notwendigen Angaben auf dem Muster-16-Formular (rosa Rezept) hat die KV Berlin bereits informiert (siehe Verordnungs-News Nr. 1 2025).
Die Details zur Anpassung des Anspruchs für Personen ab dem vollendeten 60. Lebensjahr gemäß Schutzimpfungs-Richtlinie zum 5. Februar 2025 sind in den Verordnungs-News Nr. 2 2025 aufgeführt.
COVID-19-IMPFSTOFF NUVAXOVID JN.1 läuft zum 30. April 2025 ab
Das Zentrum für Pandemie-Impfstoffe und -Therapeutika (ZEPAI) hat darüber informiert, dass spätestens am 30. April 2025 alle im Zentrallager des Bundes verfügbaren und ausgelieferten Chargen des folgenden COVID-19-Impfstoffs das Ende der Haltbarkeitsdauer erreichen werden:
- Nuvaxovid JN.1
Eine Verwendung dieses Impfstoffs über den 30. April 2025 hinaus ist nicht möglich. Daher wird dieser Impfstoff ab dem 1. Mai 2025 in Deutschland nicht mehr zur Verfügung stehen.
Sofern dieser Impfstoff über den 30. April 2025 hinaus noch in Arztpraxen lagert, muss dieser fachgerecht entsorgt werden.
Weitere Informationen zu den verfügbaren Impfstoffen finden Sie hier.
Anstieg von Mpoxinfektionen – Information zu Beschaffungskosten
Aufgrund steigender Fallzahlen zu Infektionen mit Mpox-Viren in Berlin, informiert die KV Berlin nochmals zur Impfung nach der Schutzimpfungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses.
Nach dieser sind Indikationsimpfungen für Personen mit erhöhtem Expositions- und Infektionsrisiko zugelassen für
- Männer ≥ 18 Jahre, die Sex mit Männern haben (MSM) und dabei häufig die Partner wechseln.
Ebenso kann aufgrund beruflicher Indikation
- Personal in Speziallaboratorien, das gezielte Tätigkeiten mit infektiösen Laborproben ausübt, die Affenpockenmaterial enthalten, und nach individueller Risikobewertung durch den Sicherheitsbeauftragten als infektionsgefährdet eingestuft wird
zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem in Deutschland zugelassenen Impfstoff Imvanex® geimpft werden. Der Bezug erfolgt über den Sprechstundenbedarf und das Muster 16 (Kreuz bei 8 und 9) zu Lasten der AOK NO und ohne Angabe von Versichertennamen.
Impfschema
- zweimalige Impfung im Abstand von mindestens 28 Tagen
- Bei Personen, die in der Vergangenheit gegen Pocken geimpft wurden, ist eine Impfstoffdosis ausreichend
Beschaffung
- Beschaffung von Imvanex® ausschließlich über den Großhändler Viroflex
- Beschaffungskosten sind der Website von Viroflex zu entnehmen
- Gemäß Arzneiversorgungsvertrag Berlin können „unvermeidliche und glaubhaft gemachte Beschaffungskosten für Arzneimittel, die üblicherweise weder in Apotheken noch im Großhandel vorrätig gehalten werden, […] gesondert in Rechnung gestellt werden“:
- Der Impfstoff unterliegt einer besonderen Kühlung von -20 Grad
- Kann nicht durch den regulären Großhandel beliefert werden.
Der Impfstoff kann nach dem Auftauen vor der Anwendung bei 2 bis 8 Grad im Dunkeln über einen Zeitraum von zwei Monaten gelagert werden. Die erhöhten Beschaffungskosten sind nach § 10 Absatz 5 Arzneimittelversorgungsvertrag Berlin über die Gesetzliche Krankenversicherung (AOK NO) abrechenbar.
Für die Impfleistung können folgende Abrechnungsziffern angesetzt werden:
Impfung | erste Dosen eines Impfzyklus, bzw. unvollständige Impfserie | letzte Dosis eines Impfzyklus nach Fachinformation oder abgeschlossene Impfung | Bewertung in Punkte |
Mpox (Indikationsimpfung) Mpox (berufliche bzw. Reiseindikation nach § 11 Abs. 3 SI-RL) | 89135 A 89135 V | 89135 B 89135 W | 83,6 83,6 |
Sprechstundenbedarf
Lagerung des Sprechstundenbedarfs in der Praxis
Aufgrund des bevorstehenden Sommers und der Temperaturerhöhungen informiert die KV Berlin an dieser Stelle über die korrekte Lagerung von Sprechstundenbedarfsartikeln.
Bitte beachten Sie bei den Arzneimitteln, Impfstoffen sowie Verbandstoffen mit Arzneistoffen oder in Gelform die Lagerungshinweise des Herstellers (Umverpackung oder Packungsbeilage).
Die Temperaturbereiche für Arzneimittel sind wie folgt definiert:
- Raumtemperatur: 15 °C bis 25 °C → falls vom Hersteller vermerkt auch 15 °C bis 30 °C
- Lagerung im Kühlschrank: 2 °C bis 8 °C
- Tiefgekühlt: -15 °C oder kälter → abhängig vom Arzneimittel
Ebenso sollten Arzneimittel sowie Verbandstoffe vor direktem Sonnenlicht und Luftfeuchtigkeit geschützt gelagert werden.
Neue Regelungen zur Verfügbarkeit von Endoskopiegelen im Sprechstundenbedarf
Seit Beginn des Jahres ist das bisher über den Sprechstundenbedarf (SSB) bezugsfähige endoskopische Gleitgel Instru-Gel nicht mehr lieferbar. Ein geeignetes Alternativprodukt steht nicht zur Verfügung.
Nach Verhandlung mit den Krankenkassenverbänden stehen ab sofort folgende Endoskopiegele über den SSB zur Auswahl:
- GASTRO LYS Gleitgel (MEDES): 250 ml (Art.-Nr. 169791), 500 ml Spender (Art.-Nr. 6495161), 1000 ml (Art.-Nr. 169816)
- MEDILYS Gleitgel (MEDES): 30 ml (Art.-Nr. 4002272), 250 ml (Art.-Nr. 4600808), 500 ml Spender (Art.-Nr. 6495190), 1000 ml (Art.-Nr. 4600837)
- REKTO LYS Gleitgel (MEDES): 250 ml (Art.-Nr. 169779), 500 ml Spender (Art.-Nr. 6495178), 1000 ml (Art.-Nr. 169785)
- CETRO® Lube Endoskopisches Gleitgel (Firma MIC): 250 ml, 25 x 250 ml Flaschen
- Cogel, Firma MIC: 250 ml Flasche
- AquaGel, Firma MTW: 142 ml Tube (VE 20, Bestellnummer: 57-05 x20)
Hergestellte Rezepturen wurden vonseiten der Krankenkassen im Vergleich zu Fertigprodukten als unwirtschaftlich eingestuft.
Bestellprozess und Übergangslösung:
Arztpraxen bestellen die benötigten Artikel bitte ab sofort über das Formular für den apothekenpflichtigen Sprechstundenbedarf (APO-SSB) im Online-Portal der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin. Vorab sollte eine Rücksprache mit der jeweiligen Wahlapotheke zur Lieferfähigkeit erfolgen. Die AOK Nordost wird die über den APO-SSB bestellten Endoskopiegele entsprechend genehmigen.
Da diese Regelung von der üblichen Differenzierung zwischen APO-SSB und NAPO-SSB abweicht, ist diese Lösung zunächst bis zum 30. September 2025 befristet. In der Zwischenzeit wird gemeinsam daran gearbeitet, die genannten Produkte über NAPO-SSB-Lieferanten zur Verfügung zu stellen.
Augeninfusionssysteme im Sprechstundenbedarf (SSB)
Grundsätzlich gehören Augeninfusionssysteme und deren Zubehör in den Berliner Sprechstundenbedarf (SSB), jedoch wurden einige Artikel durch die AOK NO als solche abgelehnt und mussten somit von den Arztpraxen selbst beschafft werden.
Besonders betroffen waren
- I/A Kassette Quickset PKT 40 (Artikelnummer: 303060-0204-000)
- Quattro-Cassette (8 Stück)
Nach Rücksprache mit den Berliner Krankenkassenverbänden wurden diese Artikel nun offiziell im Sprechstundenbedarfsportfolio gelistet.
Für die abschließende Beurteilung wurde ein Übergangszeitraum bis zum 30. September 2025 festgelegt.
Sonstige Produkte zur Wundbehandlung - neue Übergangsregelung in Kraft getreten
Silberhaltige Wundauflagen und nicht formstabile Wundprodukte sind aufgrund der rückwirkend zum 2. Dezember 2024 in Kraft getretenen Regelung des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) patient:innenindividuell verordnungsfähig und auch im Sprechstundenbedarf regulär bestellbar. Die Übergangsregelung für sonstige Produkte zur Wundbehandlung wurde rückwirkend bis zum 2. Dezember 2025 verlängert. Eine Regelungslücke wurde damit rückwirkend ausgeschlossen. Die KV Berlin informierte dazu im Dezember 2024 und Februar 2025.
Wirtschaftlichkeitsprüfung
Durchschnittswerte Heilmittel für das Jahr 2023 verfügbar
Unter der Rubrik Wirtschaftlichkeitsprüfung auf der Website der KV Berlin sind ab sofort die Durchschnittswerte von Heilmitteln für das Verordnungsjahr 2023 abrufbar.
Bitte beachten Sie, dass diese Durchschnittswerte das Verschreibungsverhalten der Ärzt:innen Ihrer Vergleichsgruppe in 2023 widerspiegeln. Durch die Preiserhöhungen im Heilmittelbereich werden die Durchschnittswerte der darauffolgenden Jahre höher ausfallen.
Regresse zu Off-Label-Use (OLU)
Aufgrund aktueller Entwicklungen im Antragsverhalten der Krankenkassen zu Verordnungen außerhalb der Zulassung (OLU) und im Speziellen im Bereich der GLP1 Agonisten, informiert die KV Berlin nochmals über das Vorgehen in diesem Bereich.
Verordnungen außerhalb der Zulassung betreffen die Zulassungsindikationen, wie beispielsweise
- Ozempic® und Mounjaro®: Nur zur Behandlung des unzureichend kontrollierten Diabetes mellitus Typ 2 bei Erwachsenen als Zusatz zu Diät und körperlicher Aktivität
- als Monotherapie, wenn die Anwendung von Metformin aufgrund einer Unverträglichkeit oder Kontraindikationen ungeeignet ist
zusätzlich zu anderen Arzneimitteln zur Behandlung des Diabetes mellitus
→ Regressanträge aufgrund fehlender Zulassungsdiagnose „unzureichend kontrollierter Diabetes mellitus“ und Vortherapie sowie keine Verordnungsfähigkeit allein als Abmagerungsmittel (Ausschluss Lifestyle Anlage II AM-RL).
Und zudem das Dosierungsschema, Altersbeschränkungen, Wirkstoffstärken, Anwendungsdauer und glaubhafte Vormedikation. Hier einige Beispiele:
- Unterdosierung von Entresto®→ führte zu Regressanträgen seitens der Krankenkassen (siehe Artikel in diesen VO-News)
- Längerfristige Verordnung von Sedativa/Schlafmitteln:
- Circadin® → nur ab 55 Jahren und nur kurzfristig anwendbar (sonst besonders zu begründen)
- alternativ verordnungsfähig Quvivig® bei Erwachsenen mit Schlafstörungen (Insomnie), deren Symptome seit mindestens 3 Monaten anhalten und eine beträchtliche Auswirkung auf die Tagesaktivität haben → Vorteile:
→ auch für Erwachsene unter 55 Jahren verordnungsfähig und nicht an die kurzfristige Verordnung gebunden (bei Patient:innen über 75 Jahren sollte das Arzneimittel mit Vorsicht angewendet werden, da die für diese Population verfügbaren Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit begrenzt sind).
Sonstiges
Neue Vergütung für Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)
Für drei DiGA wurden neue Regelungen bezüglich der Vergütung festgelegt:
- elona therapy Depression - appbasierte Anwendung bei depressiven Episoden verschiedenster Schweregrade (F32.0; F32.1; F32.2; F33.0; F33.1; F33.2; F34.1) im Alter von 18 - 65 Jahren.
- Dauerhaft aufgenommene DiGA
- NEU:
- GOP 01479 für die notwendige Verlaufskontrolle und Auswertung in EBM aufgenommen
- im BMV-Ä für die Leistung 86700 gestrichen, da Aufnahme in den EBM
- companion® shoulder - browserbasierte Webanwendung bei Schulterläsionen (M75) im Alter von 18 - 65 Jahren.
- Vorläufig aufgenommene DiGA (27.12.2024 bis 27.12.2025)
- NEU:
- Aufnahme in BMV-Ä
- für die Verlaufskontrolle und Auswertung ist die Leistung 86700 abrechenbar
- My7steps App - browserbasierte Webanwendung bei depressiven Episoden verschiedenster Schweregrade (F32.0; F32.1; F33.0; F33.1) im Alter von 18 - 65 Jahren.
- Dauerhaft aufgenommene DiGA
- NEU:
- dauerhafte Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis
- das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat keine erforderlichen ärztlichen Tätigkeiten bestimmt → keine Aufnahme gesonderter Leistungen in den EBM → Bestandteil der Versicherten- oder Grundpauschale
Nähere Informationen zu den DiGA und zur Vergütung finden Sie auf unserer Website.
Hilfsmittelversorgung in der stationären Pflege
Die Differenzierung zwischen ambulanter und stationärer Pflege ist bei der Verordnung von Pflegehilfsmitteln in der Gemeinsamen Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen geregelt.
Hilfsmittel im Verantwortungsbereich der Pflegeeinrichtung
Pflegeheime sind gesetzlich verpflichtet, bestimmte Hilfsmittel vorzuhalten, um die allgemeine Versorgung der Pflegebedürftigen sicherzustellen. Diese Hilfsmittel fallen in die Verantwortung der Einrichtung und dienen der Grundpflege sowie der Sicherstellung der Mobilität und Hygiene aller Bewohner:innen. Hierzu gehören:
- Pflegebetten und Nachttische
- Standardisierte Rollstühle
- Wannenlifter
- Dusch- und Toilettenstühle
- Patient:innenlifter
- Notrufsysteme
Hilfsmittel, die in den Produktgruppen 50 bis 54 des Hilfsmittelverzeichnisses gelistet sind, decken im Regelfall die Grundpflege ab.
Die Verordnung von Hilfsmitteln mit speziellen Sicherheitsmechanismen, wie Sicherheitslanzetten und -kanülen, zur Sicherstellung des Arbeitsschutzes innerhalb von Pflegeeinrichtungen ist unzulässig und gehört in die Verantwortung der Arbeitgeber:innen.
Ärztlich zu verordnende patient:innenindividuelle Hilfsmittel
Hilfsmittel, die zur Sicherstellung der medizinisch notwendigen Behandlungspflege erforderlich sind, unterliegen der Leistungspflicht der Pflegeversicherung. Eine ärztliche Verordnung ist erforderlich, wenn das Hilfsmittel individuell für Versicherte medizinisch notwendig ist. Dazu zählen unter anderem:
- Medizinisch notwendige Inkontinenzhilfsmittel,
- auf einzelne Patient:innen angepasste Rollstühle,
- Messgeräte zur individuellen Anpassung der Medikation, sofern sie von oder für die Versicherten allein verwendet werden.
Besondere Verordnungsmöglichkeiten nach SGB V
Hilfsmittel nach § 33 Abs. 1 Satz 6 SGB V mit Sicherheitsmechanismen können zu Lasten der Gesetzlichen Kranken-Pflegeversicherung verordnet werden, sofern diese zum Schutz Dritter erforderlich sind.
Voraussetzung:
- Patient:innen sind aufgrund körperlicher oder kognitiver Einschränkungen nicht in der Lage, die Anwendung selbstständig durchzuführen
- Patient:innen benötigen Unterstützung durch Pflegepersonal oder Angehörige.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) definiert die Anspruchsvoraussetzungen sowie die relevanten Tätigkeiten mit potenzieller Infektionsgefährdung durch Nadelstichverletzungen in § 6b der Hilfsmittel-Richtlinie. Ein verordnungsfähiger Anspruch besteht beispielsweise bei Diabetiker:innen, die zur Blutzuckermessung oder Insulinapplikation die Hilfe Dritter benötigen.
Die Gemeinsame Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen führt in der Anlage 1 den Abgrenzungskatalog für Hilfsmittel bei stationärer Pflege auf.
Verordnung von Krankenbeförderung per Video – Porto wird erstattet
Seit September letzten Jahres kann die Verordnung von Krankenbeförderung per Videosprechstunde erfolgen (siehe Verordnungs-News Nr. 10 2024).
Zum 1. April 2025 wurde nun auch die Portopauschale für den Versand von Verordnungen in der Videosprech-stunde erweitert (Kostenpauschale 40128). Ärzt:innen und Psychologische Psychotherapeut:innen können diese jetzt auch für die Verordnung einer Krankenbeförderung abrechnen, wenn diese in einer Videosprechstunde oder in Ausnahmefällen nach telefonischem Kontakt ausgestellt wurde.
Seminarreihe „Verordnungsinformationen für neue Ärzt:innen“ im Mai/Juni 2025
Für Ärzt:innen, deren Teilnahmebeginn an der vertragsärztlichen Versorgung noch nicht allzu lange zurückliegt oder kurz bevorsteht, bietet die Verordnungsberatung der KV Berlin eine Informationsreihe zu den vielfältigen und teils komplexen Regelungen rund um die folgenden Themen an:
- Arzneimittelverordnungen
- Impfen
- Heilmittelverordnungen
- Hilfsmittel, DiGA und sonstige Leistungen
- Wirtschaftlichkeitsprüfung im Einzelfall und Durchschnittswerteprüfung
Die Informationsveranstaltungen finden online über „Zoom“ statt.
Fortbildungspunkte werden nicht vergeben. Die Veranstaltungen sind für Mitglieder der KV Berlin kostenfrei.