Reorganisation der ambulanten Notfallversorgung erfolgreich beendet
Am vergangenen Wochenende hat die elfte KV-Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin ihren Betrieb aufgenommen. Die Notdienstpraxis für Erwachsene am Vivantes Klinikum Neukölln macht damit das Netz der KV-Notdienstpraxen komplett. Nunmehr stehen der Berliner Bevölkerung insgesamt sechs KV-Notdienstpraxen für Erwachsene in den Bezirken Charlottenburg, Friedrichshain, Marzahn-Hellersdorf, Mitte, Steglitz-Zehlendorf und Neukölln sowie fünf KV-Notdienstpraxen für Kinder und Jugendliche in den Bezirken Lichtenberg, Charlottenburg, Neukölln, Tempelhof und Wedding zur Verfügung.
Damit hat die KV Berlin ihr Ende 2017 gestecktes Ziel erreicht und die ambulante Notfallversorgung in der Hauptstadt innerhalb von drei Jahren erfolgreich reorganisiert. Neben dem Ausbau des Notdienstpraxen-Netzes wurde die Leitstelle des ärztlichen Bereitschaftsdienstes – erreichbar unter der 116117 – modernisiert und der fahrende Hausbesuchsdienst für immobile Patientinnen und Patienten weiterentwickelt.
„Die KV Berlin hat es trotz der Corona-Pandemie und der damit verbundenen zusätzlichen Aufgaben geschafft, dieses so wichtige Projekt im geplanten Zeitrahmen abzuschließen. Das erfüllt uns mit Stolz und ist vor allem den vielen engagierten Ärztinnen und Ärzten und unseren Mitarbeitenden zu verdanken“, bilanziert Dr. Burkhard Ruppert, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KV Berlin. „Mit unserem Notdienstpraxen-Netz, der mit moderner Technik ausgestatteten Leitstelle und dem fahrenden Dienst ist die ambulante Notfallversorgung in Berlin gut aufgestellt. Sie sorgt dafür, dass Menschen mit akuten Beschwerden auch außerhalb der Praxissprechzeiten ärztlich gut versorgt sind, ohne die Notaufnahmen der Krankenhäuser zu belasten.“
Ein besonders wichtiger Baustein der KV-Notfallreform ist das medizinische Ersteinschätzungsverfahren SmED, das seit dem 1. Januar 2020 bei allen Anrufern mit akuten medizinischen Beschwerden angewendet wird. Die Software unterstützt die Mitarbeitenden der Leitstelle dabei, die Beschwerden richtig einzuschätzen. Am Ende der Befragung wird dem Anrufer die richtige Versorgung empfohlen: Der Patient kann warten, bis seine Praxis wieder öffnet. Der Patient kann mit einem Beratungsarzt in der Leitstelle sprechen. Der Patient wird in einer KV-Notdienstpraxis vorstellig bzw. bei immobilen Patienten kommt der fahrende Dienst nach Hause. Wird ein lebensbedrohlicher Fall fest¬gestellt, wird der Anrufer direkt an die 112 weitergeleitet.
„Das Zusammenspiel zwischen ärztlichem Bereitschaftsdienst und Berliner Feuerwehr funktioniert sehr gut. Es ist gelebter Alltag, dass Patienten, die die 116117 anrufen und dringende medizinische Hilfe benötigen, umgehend an die 112 weitergeleitet werden. Und umgekehrt erhält die KV-Leitstelle Anrufer von der 112, wenn es sich um Patienten handelt, die in der ambulanten Notfallversorgung besser aufgehoben sind“, so Ruppert. Auch die Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern habe sich verbessert. So arbeiten in den KV-Notdienstpraxen die Mitarbeitenden der Notaufnahmen und der KV an einem gemeinsamen Tresen und entscheiden gemeinsam, welcher Patient vom Krankenhaus und welcher in der KV-Notdienstpraxis behandelt werden soll. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und bieten ein gut funktionierendes, sektorenübergreifendes System an“, so Ruppert mit Blick auf die geplante bundesweite Notfallreform des Gesetzgebers.
„Auch wenn die Patientenversorgung verbessert wurde, darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei der Notfallversorgung um ein defizitäres Geschäft handelt“, so KV-Vorstandsmitglied Günter Scherer. Bei den KV-Notdienstpraxen rechne die KV Berlin im kommenden Jahr mit einem Fehlbetrag von rund 1,6 Millionen Euro und bei Leitstelle und fahrendem Dienst mit einem Fehlbetrag von rund einer Million Euro. „Diese Beträge müssen am Ende von allen Berliner Ärzten finanziert werden. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Jetzt ist der Gesetzgeber an der Reihe. Anstatt über die Zerschlagung von funktionierenden Strukturen zu diskutieren, ist der Gesetzgeber aufgefordert, eine kostendeckende Vergütung für die ambulante und stationäre Notfallversorgung zu gewährleisten“, so Scherer abschließend.
Ein Blick hinter die Kulissen des ärztlichen Bereitschaftsdienstes:
KV-Notdienstpraxen: Die elf KV-Notdienstpraxen haben Freitag, Samstag, Sonntag und an Feiertagen geöffnet. Versicherte können sich in Notfällen an diese Praxen wenden. Aktuell sind 652 Ärztinnen und Ärzte in den Notdienstpraxen tätig. Alle KV-Notdienstpraxen eint, dass sie mit den Notaufnahmen der jeweiligen Krankenhäuser zusammenarbeiten, um die Notaufnahmen zu entlasten und die Zahl der dort ambulant zu versorgenden Patienten zu minimieren. Bei den Erwachsenen wurden 2018 (mit zwei Notdienstpraxen) rund 9.000 Patienten behandelt, 2019 (mit vier Notdienstpraxen) waren es rund 14.000 Patienten. 2020 sind es bisher rund 19.000 Patienten – Tendenz (mit nun sechs Notdienstpraxen) weiter steigend. Bei den Kindern und Jugendlichen wurden 2018 (mit vier Notdienstpraxen) rund 29.000 Patienten behandelt und 2019 (mit fünf Notdienstpraxen) rund 32.000 Patienten. Für 2020 wird von ähnlichen Fallzahlen ausgegangen.
Leitstelle: Die Leitstelle der KV Berlin ist 24/7 unter der kostenfreien 116117 zu erreichen. Die Anrufe werden von medizinisch ausgebildetem Personal entgegengenommen. Die Beschwerden werden seit Anfang 2020 anhand eines standardisierten medizinischen Ersteinschätzungsverfahrens bewertet, um in die richtige Versorgung verweisen zu können. Von 8 bis 24 Uhr können Patienten in dringenden Fällen Beratungsärzte sprechen. Insgesamt gibt es in der Leitstelle 23 Arbeitsplätze. In 2020 wurden bisher 167.000 Anrufe bearbeitet. Über 50.000 Anrufer wurden an die Beratungsärzte weitergeleitet. Bei drei Viertel dieser Anrufer konnten alle Fragen telefonisch geklärt werden. Eine Empfehlung in eine Notversorgung musste nicht erfolgen.
Fahrender Dienst: Bei Patienten, die auf Grund der Schwere ihrer Erkrankung keine Praxis aufsuchen können, und Patienten, die nachts, am Wochenende und an den Feiertagen dringende medizinische Hilfe benötigen, kommt der fahrende Dienst nach Hause. Derzeit beteiligen sich rund 320 Ärztinnen und Ärzte an dem fahrenden Dienst. Unterwegs sind die Ärzte mit 23 KV-Einsatzfahrzeugen, die an der Telefonnummer 116117 zu erkennen sind. 2020 wurden bisher rund 85.000 Hausbesuche gefahren. Im Vergleich zu den Vorjahren sind die Zahlen rückläufig, da die Fragen vieler Patienten bereits durch die Beratungsärzte geklärt werden können.
Mehr Informationen zum ärztlichen Bereitschaftsdienst finden Sie hier.